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Dieter Kühn gestorben
Seite 1 von 1
neuester Beitrag: 02.08.15 13:26
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eröffnet am: | 26.07.15 20:48 von: | boersalino | Anzahl Beiträge: | 16 |
neuester Beitrag: | 02.08.15 13:26 von: | Walkürchen2 | Leser gesamt: | 1832 |
davon Heute: | 1 | |||
bewertet mit 9 Sternen |
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Seinen Roman "Marlowe" mochte ich aber gern.
http://www.t-online.de/unterhaltung/id_74843946/...liger-biograf.html
Dieter Kühns Gedankenspiel über sozialkritische Literatur
Aktualisiert 10. Mai 1974 07:00 Uhr
"Leider gelingt Kühn in diesem Buch nur an wenigen Stellen, was seinen Roman ?Die Präsidentin? so aufregend machte: daß da einer gutgelaunt und fast in seinem heimischen Idiom zu plaudern scheint und dabei doch von durchtriebenem Scharfsinn ist."
Von Jörg Drews
http://www.zeit.de/1974/20/unternehmen-rammbock
"Die Präsidentin" würd mich interessieren.
"Bereits früh konzentrierte sich Drews? Forschung auf das Werk des deutschen Schriftstellers Arno Schmidt."
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rg_Drews
Was Dieter Kühn geritten haben mag, sich an die Übersetzung des sprachgewaltigsten Dichters des Mittelalters heranzuwagen, muss nicht einmal diesem selbst offenbar sein. Was freilich Walter Haug (er war gewissermaßen der Bernie Ecclestone der deutschen Mediävistik, zeichnete verantwortlich für die Herausgabe der Mittelalterabteilung des Deutschen Klassiker Verlags, er war noch bis zu seinem Tode mit der Neuherausgabe und Übersetzung von Gottfrieds "Tristan" beschäftigt, wie er mir in einem Telefonat mitteilte, er beherrschte das Forschen und Denken im Kontext des mittelalterlichen Romans über ca. drei Jahrzehnte - mit verheerenden Folgen) geritten haben mag, für das ehrwürdige Unterfangen des Deutschen Klassiker Verlags die wissenschaftlich völlig unbrauchbare Übersetzung Kühns zu favorisieren, wird mir ewig ein Rätsel bleiben.
Wer Kühns Aussagen "Zur Übertragung" liest, darf gespannt sein: "Ich hätte die lustvolle Mühe der Übertragung des Parzival-Romans nicht auf mich genommen ohne die Anregung, ohne die entschiedene Motivation durch Walter Haug. [...] Auch dafür, daß er große Teile der Übertragung lektoriert hat; freilich, was ich aus seinen kritischen Hinweisen, aus seinen Vorschlägen machte, das blieb meine Entscheidung."
Bis zum heutigen Tag können Wolframs Eltern- und Bogengleichnis als nicht sinnerhellend übersetzt oder schlicht unverstanden gelten:
diz vliegende bîspel
ist tumben liuten gar ze snell,
sine mugens nicht erdenken:
wand ez kan vor in wenken
rehte alsam ein schellec hase.
zin anderhalb dem glase
geleichet, und des blinden troum:
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boersalino : 'snell' im Sinnbezirk des Verstandes
2
23.10.11 19:39
#11
Wegen der hier gebotenen Kürze möchte ich bezüglich der Übersetzungen nur das Wort "snell" herausgreifen. Haug und Kühn übersetzen es mit dem neuhochdeutschen Wort "schnell", und sie tun dies, obwohl die umgebenden Wörter einen anderen Zusammenhang nahelegen. Natürlich erschöpft sich selbst der Große Lexer mit Übersetzungsvarianten im Sinnbezirk der Geschwindigkeit - so gesehen sind beide auf der sicheren Seite, dem Verstehen freilich sind dann Grenzen gesetzt:
"Dies fliegende Gleichnis ist für unwissende Leute viel zu schnell. Sie können es mit ihrem Verstand nicht einholen", ... Wir wissen aus Erfahrung, "was man nicht im Kopf hat, muss man in den Beinen haben". Machen wir einfach das Experiment und tun so, als wäre dort, wo "snell" oder "schnell" steht, eine Textlücke. Das, was man dann einsetzt, kommt der Sache vermutlich näher. Man kann also die Vermutung hegen, dass es im Mittelhochdeutschen genauso wie heute Wörter gab, die über ihr ursprüngliches Bedeutungsfeld hinaus andere Felder befruchteten - nur steht solches nicht in Wörterbüchern. Jeder Leser dürfte aber wissen, dass man nicht alles, was Jugendliche für "stark" halten, in PS oder KWh gemessen werden kann oder muss.
Bleibt man bei der Auslegung im Sinnbezirk der Geschwindigkeit, so wird auch das zweite Gleichnis Wollframs, Bogengleichnis genannt, noch schwerer 'mit dem Verstand einzuholen sein' als ein Hase oder eine Elster:
nu dunket iuch der boge snell:
doch ist sneller daz die senewe jaget. [241, 10 f.]
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boersalino : Appendix: Die 'Schraubzwinge Wolframs'
2
23.10.11 20:57
#12
ist natürlich die authentische Erfahrung Kühns (vergl.: Zur Übertragung, in "Der Parzival des Wolfram von Eschenbach", S. 933).
Übersetzungen aus dem Mittelhochdeutschen - wer auch immer übersetzt hat - zu kritisieren....
Eine sprachliche Assoziation ging mir heute mittag durch den Kopf, die ich hier als Zitat einwerfen will:
" Taubenaugen zu haben heißt, daß man nicht beim wörtlichen Sinn der Worte stehenbleibt, sondern in ihren mystischen Sinn einzudringen weiß"
(Umberto Eco)
Und musikalisch gibts ähnliche Schwierigkeiten mit alter und vergessener Musik.
Wie am Beispiel Caldara und Countertenor zu sehe und zu hören ist, da wird mit einem Orchester und dem Countertenor ein Konzert erarbeitet (und aufgezeichnet)
Optionen
"Zuweilen kam es mir während der Arbeit so vor, als wäre mir eine Schraubzwinge ins Gehirn gesetzt, von Wolfram persönlich, und er drehte die Schraube immer enger,"...
Im Original heißt es:
"Aber vor lauter Klammern und Fußnoten verstand er kein Wort, und wenn er gewissenhaft mit den Augen den Sätzen folgte, war ihm, als drehe eine alte, knöcherne Hand ihm das Gehirn in Schraubenwindungen aus dem Kopfe."
Die knöcherne Hand gehört übrigens Immanuel Kant, das Gehirn dem "Zögling Törleß", und das Bild logischerweise Robert Musil.
[ http://www.ariva.de/forum/...A-EREC-Vers-6775-450568?page=0#jumppos11 ]
Kühns wenig glaubhaft markierte Erfahrungen beim Übersetzen zeigen einen recht uneigenstängigen Kopf. Man findet diese Passage unter "Zur Übertragung" in der Insel-Ausgabe Seite 933.
Nun will ich ihn ruhen lassen. Walter Haug verstarb übrigens zu Beginn des Jahres 2008.
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